Workshop Biophilosophien
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Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebte eine erstaunliche Konjunktur von Projekten, die zwischen den gerade auf die akademische Bühne getretenen Geisteswissenschaften und den Lebenswissenschaften angesiedelt waren. Besonders stark entwickelte sich dieser Zusammenhang im deutschsprachigen Raum der 1920er und 1930er Jahre und umfasste traditionelle Fächer wie Zoologie oder Physiologie genauso wie relativ neue
Forschungsfelder wie die Psychologie.Deutlich wird diese Entwicklung in der Verbindung von Biologie und Philosophie.
Während die Biologie in ihrem Institutionalisierungsprozess nach methodischer, systematischer und epistemologischer Reflexion und damit nach einer Grundlegung suchte, waren die Geisteswissenschaften, und hier insbesondere die Philosophie, ebenfalls gezwungen, sich einer Neugestaltung zu stellen: Die Begründung der philosophischen Anthropologie (ca. 1925) als biologisch informierte Lehre von der Natur (und dem Menschen insbesondere) kann beispielsweise als ein solches Produkt der Neuorientierung angesehen werden. Solche biophilosophischen Strömungen verstanden
das Leben als eine Ganzheit, die sich aus physischen aber auch aus psychischen Parametern zusammensetzte. Somit bedurfte das Leben als Untersuchungsgegenstand spezieller Behandlung: Die quantifizierende naturwissenschaftliche Zugangsweise (Messungen, Kalkulationen, Statistiken) genügte nicht und musste um die Geisteswissenschaften ergänzt werden (Geschichte, Erfahrung, Leiblichkeit). Dabei profitierte sie auch von Forschungen einer philosophisch informierten Biologie, die Wege abseits von mechanistischer Physiologie und Darwinismus suchte.
Entgegen der gängigen Geschichtsschreibung endete diese Verbindung allerdings nicht im Nationalsozialismus. Vielmehr lebte sie in verschiedenen Forschungsprogrammen auch abseits der Biologie im engeren Sinne weiter und informierte gleichzeitig die intellektuellen Debatten, die Deutschland insbesondere während der Besatzungszeit und der frühen Bundesrepublik prägten.
Der von Julia Gruevska und Christian Reiß (Uni Regensburg) an 01.Oktober 2021 organisierte Workshop widmete sich der Frage nach den historischen Möglichkeitsbedingungen der Konsellationen von Kooperationen zwischen Natur- und Geisteswissenschaften in der Weimarer Ziet und ihren Neukonfiguration sowie EInflüssen auf die Nachkriegszeit. Mit Beiträgen von Cornelius Borck (Uni Lübeck), Christina Brandt (Jena), Georgy Levit (Jena), Marco Tamborini (Darmstadt), Julia Gruevska (Jena) und Christian Reiß (Regensburg).
1. Oktober 2021 | Besprechungsraum, Sellierstrasse 6 - 07745 Jena (Ernst-Haeckel-Forschungsstelle) |
10:00 | Come Together |
10:15 | Einleitende Worte + Begrüssung |
10:30-11:15 | Georgy Levit (Jena): Als der Monismus dem Panpsychismus begegnete: Warum war der Philosoph Theodor Ziehen so unentbehrlich für den Biologen Bernhard Rensch? |
11:30-12:15 | Christina Brandt (Jena): Holismus und Moderne: Hans Spemann neu betrachtet |
12:15-13 | Julia Gruevska (Jena): Bio-Philosophie 1920: Helmuth Plessner und das «Zentralproblem der gesamten gegenwärtigen Philosophie» |
14:15-15 | Cornelius Borck (Lübeck): Der rettende Strohhalm? Zum Neuanfang der Verhaltensforschung als exakter Naturwissenschaft in der BRD der 1950er |
15-15:45 | Marco Tamborini (Darmstadt): Organische Form, Maschine und Konstruktion. Hans Petersens Morphologie zwischen Philosophie und Ingenieursdenken |
16:15-17 | Christian Reiß (Regensburg): Organismus, Leben und Umwelt. Biophilosophische Beiträge zur interdisziplinären Debattenkultur der frühen Bundesrepublik |